Das fünfteilige Altarbild von Jo Klose, Nordhorn

Kunst gehört zur Kirche wie das Amen.
Kirche – Kunst – Künstler Klose

Jo Klose wie sein Werk fordern Besinnung. Seine Skulpturen haben nichts Spektakuläres. Sie ruhen vielmehr tief in sich selbst, in einer atmosphärisch dichten Geborgenheit, aus der vielleicht die Kraft Kloses eigener Geborgenheit im christlichen Glauben erwächst. (Th. Kriegisch, Katalog „Jo Klose: Skulpturen“)

Jo Klose – Der Künstler über sein Werk

Seit Beginn meiner künstlerischen Tätigkeit haben mich mythologische und biblische Themen immer wieder interessiert und beschäftigt, bis ich dann 1983 für eine Ausstellung im Kloster Frenswegen den Zyklus Genesis in große Holzplatten geschnitten und davon Drucke angefertigt habe. Diese Arbeit war zuletzt 1992 in einer Ausstellung in der Ludgeri-Kirche in Norden zu sehen. Als mir vor zwei Jahren die künstlerische Gestaltung der Altarwand der Gustav-Adolf Kirche von Meppen mit der Vorgabe, das Heilige Abendmahl zum Thema meiner Arbeit zu machen, übertragen wurde, war das für mich eine interessante Aufgabe und eine große Herausforderung zugleich. Bei dem Entwurf habe ich von Anfang an versucht, die künstlerische Gestaltung der Idee auch in einen räumlichen Bezug zur Architektur des Kirchenraumes zu setzen. Dazu bot sich besonders die konkav-winkelige Ausformung, die einem Schiffsbug ähnliche Form der Altarrückwand an.

Meine bildnerische Idee realisiert sich in einem Ensemble von neun Reliefplatten aus Buchenholz. Während fünf der Elemente zu einer Kreuzform zusammengefügt sind, die auf die Vertikalachse des Mauerwerks bezogen ist, sind je zwei Holzelemente an der linken und rechten Seite der Kreuzform parallel zur schräg verlaufenden Wandfläche angeordnet. Die beidseitig zum mittleren Teil des Reliefs hin angewinkelte Ordnung der Elemente gibt formale Hinweise auf die im Mittelalter verbreiteten aufklappbaren Holzaltäre. Die Szene erwächst aus den langgestreckten waagerechten und den im Verhältnis kürzer angeordneten vertikalen Elementen zu einer Kreuzform, die – als Symbol der christlichen Kirchen – auf das Leiden Christi hinweist. Beim letzten gemeinsamen Mahl Christi mit seinen Jüngern vor Verrat und Gefangennahme deutet sich das Kreuz bereits im Hintergrund an. Dieses horizontal betonte Konzept gab mir formal zugleich die Möglichkeit, die lange Tafel unterzubringen, an der Christus und die 12 Apostel zum traditionellen Mahl in der Nacht vor dem Passa-Fest Platz genommen haben.

Es lag mir fern, in der gestellten künstlerischen Aufgabe biblische Geschichte einfach zu illustrieren. Jedoch waren auch religiöse Tradition, die theologische, historische und kulturelle Authentizität zu berücksichtigen. Daraus resultierte für mich im Prozeß der Formfindung und Gestaltung eine figurative und zugleich reduktive Darstellungsweise, die für eine Vielzahl von Assoziationen offen sein will.

Die nichtindividualisierte menschliche Personengruppe entlang der weißen Tischfläche teilt sich in der Symmetrie des Kreuzes dreifach auf: da ist die zentrale Figur, die sich in Verbindung mit den ihr zugeordneten Symbolen Brot und Wein als Jesus Christus identifizieren läßt. Durch die im Verhältnis zu den anderen Figuren größere Herausarbeitung der Zentrumsfigur ist eine Ausstrahlung aus der Mitte und eine Konzentration auf die Mitte beabsichtigt.

Je sechs Figuren sind – die Jünger symbolisierend – zu beiden Seiten des Zentrums angeordnet, die trotz der frei voneinander stehenden Bildträger über Linien- und Farbgebung zu einer rhythmisierten Einheit zusammenwachsen. Alle 13 Gestalten befinden sich auf einer Bildebene, die sich in Richtung auf den Betrachter offen gestaltet und Einblick gewährt. Die dem Betrachter zugewandte Seite des Abendmahlstisches ist frei und bietet Platz für weitere Gäste. Damit wird der Betrachter in das Bildgeschehen einbezogen und zur Teilnahme am Abendmahl eingeladen.

Die Vergoldungen und die Namen der Abendmahlsteilnehmer in griechischen Lettern über ihren Köpfen verweisen formal auf den Zweig der ikonographischen Tradition christlicher Darstellungen. Das Aufgreifen von Emblemen aus der christlichen Ikonographie steht hier bewußt im Gegensatz zur akzentuierten Farbigkeit der Bildfläche. Dieser Gegensatz meines Formulierungsversuchs mit traditionellen Varianten der Auseinandersetzung mit dem Thema wird bewußt gesucht.

Die Beziehung zur Tradition bestimmt auch die Wahl der Holzschnittechnik als für mich geeignete Darstellungsform. Sie ist eine archaische Technik, die zur Reduzierung auf das Wesentliche zwingt und eine klare Formensprache evoziert. Zugleich läßt diese archaische Technik moderne Bearbeitungsformen mit Maschinen wie Kettensäge, Oberfräse und Trennflex zu und ist offen für spontane Bearbeitungen und Schnitte. Meine Bildvorstellungen haben die Begriffe der Vergebung, Erlösung, Geborgenheit und – nicht zuletzt – der Gemeinschaft zum Inhalt. Eben diese Gemeinschaft der Christen untereinander, die Ökumene, ist mit dem Abendmahlstext aus 1. Korinther 11, Vers 23 – 25 symbolisiert, der auf die weiße Tischfläche in sechs verschiedenen Sprachen geschrieben ist.

Am Gründonnerstag, 31. März 1994, wird das Altarbild im Beisein des Künstlers Jo Klose durch Landessuperintendent Dr. Gottfried Sprondel in einem Festgottesdienst enthüllt.